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Wir bayerischen Milchbauern

Heumilch-Pionier im Allgäu

Karl Fischer aus Waltenhofen hat die Umstellung auf Heumilch-Produktion gewagt.

Der Sprung ins kalte Wasser

78 Milchbauern aus dem Allgäu liefern heute den Rohstoff für die "Allgäuer Hof-Milch GmbH": Heumilch in konventioneller und in Bio-Qualität. Der Bioanteil liegt dabei bei 30 Prozent. Rund hundert weitere Landwirte stehen auf der Warteliste der Allgäuer Hofmilch. 2019 sollen 17 Millionen Liter Milch verkauft werden. Einer der Pioniere: Landwirt Karl Fischer aus Waltenhofen hat zusammen mit seinem Sohn David und seiner Frau Sabine die Erfolgsgeschichte der Allgäuer Hof-Milch mitgeschrieben. Sie haben an den Erfolg der Allgäuer Heumilch geglaubt, umgestellt und erst mal eine Million Euro investiert.

In ihrer gemütlichen Küche erzählen sie, wie alles begann. Im Jahr 2014, als sich die Schulfreunde Haug und Nußbaumer überlegten, das Nischenprodukt Heumilch, das im benachbarten Österreich schon seit zehn Jahren einen Siegeszug feierte, auch in Deutschland auf den Markt zu bringen, saßen Karl, David und Sabine Fischer am Tisch in der guten Stube und dachten ebenfalls über neue Vermarktungsstrategien nach. „Die Milchpreise waren wieder einmal absolut im Keller. Bei 22 Cent pro Liter sahen wir mit dem Verkauf der Milch unserer 90 Kühe wirtschaftlich kein Licht mehr am Horizont“, erinnert sich Karl Fischer. Und während sich im Allgäu die Bauernschaft in zwei Verbände spaltete, viele auf biologischen Landbau umstellten und andere sogar aufgaben, trafen die Fischers zufällig auf Johannes Nußbaumer, den Käsemeister der Bergkäserei Diepolz und erfuhren von dessen Plänen zur Heumilchvermarktung.

Für die Fischers war von Anfang an klar: „Wir machen da mit. Das Konzept ist gut und schlüssig.“ Doch das war ein gewagter Schritt. „Das war echt ein Sprung ins kalte Wasser“, erinnert sich David Fischer heute, und Mutter Sabine hatte nach eigenen Worten „sehr viele schlaflose Nächte“. Denn man stelle nicht so einfach auf Heumilch-Produktion um. Die Landwirte, die bisher konventionelle Milch erzeugt hatten, aber bereits extensiv (nach Kulap-Kriterien) wirtschafteten und bereits 30 Prozent Raufutteranteil hatten, mussten dennoch erst mal kräftig investieren, um dem hohen Qualitätsstandard der Allgäuer Hof-Milch gerecht zu werden. Rund eine Million Euro floss bei den Fischers in den Bau einer Heutrocknungshalle, in einen Laufhof vor dem 28 Jahre alten Laufstall, der modernisiert wurde, in Gerätschaften und zusätzliche Maschinen wie Ladewagen und Heuwender und vieles mehr. Denn der Kriterienkatalog und die Qualitätsansprüche der „Allgäuer Hof-Milch GmbH“ sind streng: Hundertprozentiger Verzicht auf Silage-Fütterung (auch beim Jungvieh), minimaler Kraftfuttereinsatz mit gentechnikfreiem Getreide, 120 Tage im Jahr Frei- oder Weidegang, völliger Verzicht auf den Einsatz von Mineraldünger und Glyphosat und weitere Kriterien müssen eingehalten werden.

Von den Berufskollegen wurden die Fischers kritisch beäugt und manchmal auch belächelt, erinnert sich Karl Fischer. Nur der Tierarzt habe der Familie Mut gemacht: „Ihr stellt auf Heumilch um? Dann werdet ihr mich in Zukunft nicht mehr so oft sehen“, habe der gesagt. Erstaunlicherweise habe sich die Milchleistung der Tiere durch die bessere Grundfutterqualität sehr schnell um rund 1000 Liter im Jahr erhöht, erzählt Landwirtschaftsmeister David Fischer. Und die Tierarztkosten sind tatsächlich etwas zurückgegangen. „Betriebswirtschaftlich ist das allerdings kein Gewinn, da wir jetzt erheblich mehr Arbeit haben. Und eine größere Wetter-Unsicherheit. „Beim Silieren macht es wenig aus, wenn’s dir reinregnet. Beim Heuen ist das anders. Und die Heumahd ist wesentlich zeit- und arbeitsintensiver.“ Zudem verbrauchen die Fischers jetzt rund 50 000 bis 60 000 Kilowattstunden mehr Strom pro Jahr für die Heutrocknungsanlage und die neue Stalltechnik. „Dafür bekommen wir jetzt einen angemessenen Preis für unsere Milch“, freut sich Sabine Fischer. „Wir wollen doch nur von unserer Arbeit leben können.“

Wie die Fischers war auch Gerold Mohr aus Wangen im Allgäu einer der Ersten, die bei der „Allgäuer Hofmilch GmbH“ mitmachten. Mohr, der im württembergischen Allgäu einen konventionellen Milchviehbetrieb mit 75 Milchkühen bewirtschaftet, hatte bereits 2010 auf Heumilch-Fütterung umgestellt, seine Milch aber konventionell vermarktet. 2016 stieg er bei der Allgäuer Hof-Milch mit ein: „Ich musste jetzt nur noch die Düngung ändern, um die Vertragsbedingungen zu erfüllen“, erzählt er. „Meine Kühe bekommen seit fast neun Jahren nur noch Heu und Gras, sind das halbe Jahr draußen und sehr gesund. Ich habe wenig Tierarztkosten und eine sehr gute Grundfutterleistung.“  Die Mehrarbeit, die er durch die extensive Wirtschaftsweise der Heumilchgewinnung habe, werde durch die „Allgäuer Hof-Milch GmbH“ entschädigt: „Jetzt bekomme ich einen garantierten Mindestpreis für meine Milch. Für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren. Dieser Preis spiegelt die Wertigkeit und Qualität meines Produktes wieder. Er lässt mich positiv in die Zukunft blicken.“

 Die „Allgäuer Hof-Milch GmbH“ schließt mit ihren konventionellen Lieferanten Verträge über fünf Jahre ab. Mit den Bio-Heumilch-Lieferanten über einen Zeitraum von drei Jahren. Für den Liter Heumilch gilt der Preis von 40 Cent, für Biomilch zahlt die Molkerei im aktuellen Vertrag 52 Cent. „Außerdem haben wir die Quote wieder eingeführt“, grinst Nußbaumer. Denn die jeweilis vereinbarte Liefermenge pro Lieferanten dürfe keinesfalls überschritten werden. „Das gibt auch uns eine gewisse Planungssicherheit. Wir wollen keine Milchpreisverhandlungen führen. Die Zeit und Energie stecken wir lieber in die Vermarktung“, ergänzt Haug. Den Hof-Milch-Lieferanten gehe es aber nicht in erster Linie um einen konstanten Milchpreis meint Nußbaumer. Er selbst bewirtschafte zuhause in Oberstaufen mit seiner Familie einen Bio-Heumilch-Betrieb mit 30 Kühen. „Die meisten unserer Bauern haben schon vor der Firmengründung Heumilch produziert, weil sie davon überzeugt sind, dass das besser für die Tiere ist. Und dafür wollen und müssen sie auch hinstehen. Jeder unserer Lieferanten ist verpflichtet, bei Marketing-Aktionen mitzumachen.“ Zum Beispiel bei Messeauftritten.„Sie hätten sehen sollen, mit welcher Begeisterung die Landwirte bei der diesjährigen Allgäuer Festwoche rosarote Luftballons aufgeblasen haben“, erzählt Haug.

© VMB | November 2018 |  Text: S. Lorenz-Munkler | Fotos: Allgäuer Hof-Milch


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